Digitale Liebe: Meine Freundin, ChatGPT
Virtuelle Beziehungen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz
Der technologische Fortschritt kennt keine Grenzen und revolutioniert unser tägliches Leben in rasantem Tempo. Eine der jüngsten Entwicklungen, die in diesem Kontext für Diskussionen sorgt, sind sogenannte "AI Girlfriends" – virtuelle Freundinnen, die durch künstliche Intelligenz gesteuert werden. Diese Innovation wirft nicht nur ethische Fragen auf, sondern könnte auch die Art und Weise, wie wir menschliche Beziehungen verstehen und erleben, grundlegend verändern.
Bereits 2013 zeigte der Film "Her" eindrucksvoll, wie eine romantische Beziehung zwischen einem Menschen und einer künstlichen Intelligenz aussehen könnte. Der Protagonist, gespielt von Joaquin Phoenix, verliebt sich in das Betriebssystem "Samantha", dessen Stimme von Scarlett Johansson gesprochen wird. Die Beziehung, die sich entwickelt, ist tief emotional und zeigt, wie Technologie in unser intimstes Leben eindringen kann. Interessanterweise wurde vor kurzem bekannt, dass OpenAI die Stimme von Scarlett Johansson lizenzieren wollte. Diese lehnte zwar ab, dennoch klang die Stimme in der englischen Demo stark nach ihr. Meiner Meinung nach ist das, zusammen mit der Präsentation, ein eindeutiger Hinweis darauf, wohin OpenAI gehen wird.
Eines der größten Probleme, die die Betreiber von Large-Language-Models wie ChatGPT noch haben, sind die Monetarisierungskanäle: Wie baut man ein perfektes Produkt um das Modell, um Menschen dazu zu bewegen, Geld dafür zu zahlen? AI-Girlfriends könnten hier der heilige Gral sein, wenn man betrachtet, wie viel Geld Menschen für Dating-Apps ausgeben. So könnte die Sexindustrie, im erweiterten Sinne, mal wieder zum Technologietreiber werden. In einer Gesellschaft, in der Einsamkeit und soziale Isolation vor allem unter jungen Männern zunehmen, bieten diese virtuellen Freundinnen eine scheinbare Lösung für ein tiefsitzendes Problem. Sie könnten als eine Art "Trockenübung" dienen, um zwischenmenschliche Interaktionen zu üben und so die Hemmschwelle im Umgang mit realen Menschen zu senken.
Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis diese Technologie missbraucht wird. Ein Szenario, das hierbei besonders besorgniserregend ist, betrifft die sogenannte "Incels"-Bewegung (involuntary celibates). Diese Gruppe von Männern, die unfreiwillig im Zölibat leben, zeichnet sich oft durch toxische Männlichkeit und Frauenfeindlichkeit aus. Eine AI-Freundin, die keine eigene Meinung hat und stets unterwürfig ist, könnte diese negativen Einstellungen weiter verfestigen und verstärken.
Einsamkeit ist eines der größten Probleme unserer Zeit. Aber wie bei allen großen Problemen wird dieses von der Politik ignoriert. Die Industrie hat dieses Problem schon lange erkannt und kommerzialisiert es mit Dating-Apps wie Tinder, die an der Lösung der Einsamkeit aber absolut kein Interesse haben. Darum wird auch die AI-Girlfriend mit den positiven Traits nach vorne gestellt; das Interesse der Betreiber an einem "therapeutischen" Einsatz dürfte aber auch hier bei Null liegen.